Haussammlung

Haussammlung Narrenzunft Schömberg

Ein Bericht eines 20ers über die Begleitung eines Narrenrates bei der Haussammlung. 


Ich dachte immer, was hat es denn auf sich mit diesem 20er-Dasein? Alle reden drüber, selbst Eltern und Großeltern schwärmen noch nach Jahrzehnten. Die Gefühle bei der Generalversammlung mit meinen Jahrgängern reinzujucken, die Fasnet zu eröffnen und auch das Abstauben am Dreikönigstag sind unbeschreiblich. Doch ein weiteres Highlight sollte noch folgen: Die Haussammlung(en).

Die Narrenräte gehen immer ab 7. Januar bis zur Fasnet in ihrem fest zugewiesenen Gebiet zur Haussammlung. Das wusste ich, immerhin kommt ein Narrenrat ja auch in mein Elternhaus. Besonders spektakulär war das nie. 20er hatte er nur selten dabei. Meistens war es nach einer guten halben Stunde rum und der Narrenrat zog weiter. Doch immer mal wieder hört man von lustigen Runden, tollen Gesprächen und atemberaubenden Erfahrungen. Also entschied ich mich, gleich am 7. Januar – es war Wochenende – einen der Narrenräte zu begleiten.

Los ging’s

Am frühen Nachmittag trafen wir uns beim Narrenrat zuhause – sein Sammelgebiet liegt auch dort. Er sagte, wir gehen direkt los. Wir redeten über das Abstauben am Tag zuvor, während wir uns auf den Weg zum ersten Haus gemacht haben. Da er ja in diesem Jahr noch nicht sammeln war, dachte ich, es geht von Haus zu Haus. Allerdings liefen wir direkt an einigen Häusern vorbei. “Do gomm’r später no” und “do gange a ander Mol no” waren die Sätze. Okay, schauen wir mal, was passiert.

Das erste Haus

Beim ersten Haus haben wir geklingelt und wir wurden freundlich empfangen. “Ihr send aber friah dra des Johr” gab es zu hören. Wir nahmen am Esstisch im Wohnzimmer Platz, die Jacke ließen wir an. Erste Frage vom Hausherr: “Wa drenkat’r?”. “Äbbs klees” war die Antwort vom Narrenrat, ich hielt mich noch zurück. “Äbbs klees” war dann ein Schnäpsle. Ich hielt mich einfach mal an die Erfahrung des Narrerates und trank einen Willi mit.

Haussammlung Narrenzunft Schömberg

Es wurde geredet über die Generalversammlung (“warat veil Leit do?”), über das Abstauben (“isch dr bescht Dag, oder?”) und natürlich wer ich überhaupt bin (“wo ghersch no?”). Dann natürlich das Wichtigste: Das “Geschäftliche”. Der Hausherr legte seinen Beitrag und seine Spende auf den Tisch, im Gegenzug bekam er die Mitgliedsabzeichen der Narrenzunft und Wurstmärkle für seine Kinder. Der Narrenrat notierte alles fein säuberlich in eine Liste. Danach schenkte der Hausherr nochmal nach, wir tranken aus und es ging weiter.

Von Haus zu Haus

Auf dem Weg zum nächsten Haus fragte ich, ob das jetzt überall so läuft. “Noa” war die Antwort, “mol sitzt mr länger, mol kürzer, manchmol goht’s au komplett a dr Haustir”. “Aber wenne an 20er dabei hau, lasse dia Haustirgschäft, des mache no a ander Mol.” Okay, weiß ich das auch, macht natürlich Sinn, schließlich will man als 20er ja möglichst viele Leute kennenlernen und mit ihnen sprechen.

Im nächsten Haus wurde es dann ähnlich, wir tranken jedoch ein Bier und einen Schlehenlikör, zwischendurch auch ein Glas Sprudel, das uns angeboten wurde. Über die Fasnet wurde gar nicht geredet. Das Thema war Kommunalpolitik: Feuerwehrhaus, Stausee, Straßenbau. Am Ende wurde dann der Bogen zur “Alten Schule” gespannt, also ein bisschen Fasnet war doch dabei. Zwischendurch das Geschäftliche und weiter.

So war der Nachmittag bis es dunkel wurde. Überall war es ähnlich und doch völlig unterschiedlich, meist ging es ungefähr eine halbe Stunde, mal etwas länger, mal etwas kürzer. Überrascht war ich über die unterschiedlichen Themen und Interessen. Teilweise war ich stark eingebunden in die Gespräche, dann auch wieder gar nicht.

Dabei wurde mir klar, dass sich der Narrenrat mit viel mehr Themen, Problemen und Wünschen auseinandersetzen muss, als ich mir vorstellte. Auf alles gab es eine sachliche und verständliche Antwort. Genau dafür ist die Haussammlung ideal. Jeder kann individuell das fragen, was ihn interessiert. Die Bedeutung der Haussammlung als wichtige Kommunikation außerhalb der Generalversammlung oder der Presse war mir davor gar nicht so bewusst.

Es wurde Nacht

Mittlerweile hatten wir sage und schreibe zehn Häuser gesammelt und es war erst früher Abend. “Heit lauft’s guat” war die Einschätzung vom Narrenrat. Die Sammelgebiete umfassen ca. 50 bis 60 Haushalte pro Narrenrat, sagte er mir. Durchaus nachvollziehbar, dass eine zweistellige Zahl an einem einzigen Tag und dann noch so früh in der Saison den Zeitdruck etwas senkt.

Im nächsten Haus gingen wir zum Vesper. “Des macha mr jedes Johr, des homm’r schau vor Weihnäta ausgmacht!” Wow, okay. Keine Selbstverständlichkeit! Es war echt klasse und hunger hatte ich auch nach dem bereits langen Tag, der noch nicht zu Ende war.

Nach anderthalb Stunden ging es weiter. “Jetzt miasa mr gucka, dass mr no oas schaffat, noch 8e klengel i nemme überall!” Um halb acht waren wir also im 12. Haus des Tages, hier ging es etwas schneller. “Handball konnt! Weand’r mitgucka?” “Noa, mir wellat de it schdera, mir gond weiter”. Also ein schnell’s Schnäpsle im Hausgang, das Geschäftliche natürlich und weiter.

“Jetzt em näaschta Haus kenna mr a weng länger bleiba, viel schaffa kenna mr eh nemme”. Gesagt getan, im 13. Haus saßen wir deutlich länger, Handball lief parallel auch, aber das wurde schnell zur Nebensache. Die Themen: Narrentreffen, Häserfassung, Häsordnung und “wa geit’s suscht so Neis?”

Die Überraschung des Tages

Gegen halb 11 nachts haben wir das Haus verlassen, “Guat Nacht, vergelt’s Gott und a Glickselige!” Auf dem Weg Richtung Städtle – ich lief etwas voraus, da der Gehweg nicht breit genug gebahnt war – bog der Narrenrat auf einmal in eine Hofeinfahrt. “Komm, do gomm’r au no na”. Um halb 11 abends? Und tatsächlich, die Tür ging auf und wir wurden freundlich empfangen. Auf dem Sofa nahmen wir Platz, der Christbaum stand noch, irgendeine Schlagersendung lief im Fernsehen.

Irgendwann Mitten in der Nacht – es war auf jeden Fall deutlich nach Mitternacht – ging es dann weiter ins Städtle. Die ersten Wirtschaften hatten sogar schon zu, aber wir bekamen noch wo etwas zu trinken. Ein paar andere Narrenräte, die den Tag auch genutzt haben, waren auch noch unterwegs und ich traf noch ein paar meiner Jahrgänger, die ebenfalls bei einer Haussammlung dabei waren.

Fazit

Klasse! Es ist beachtlich, wie interessiert auch vermeintlich Nicht-Fasnetsgänger an den Themen sind. Jeder hat eine Geschichte, jeder erzählt auch von seiner 20er-Fasnet, fragt nach, wie viele wir sind, was wir machen, ob unser Narrenblättle schon fertig ist und und und. Auch die Gastfreundschaft und Freundlichkeit ist beachtlich und hätte ich so nicht erwartet. Allerdings sagte mir der Narrenrat, dass sich manche “Beziehungen” erst nach und nach entwickelt hätten, es war nicht von Anfang an so.

Ein paar Tage später, als wir uns wieder getroffen haben, fragte ich, ob das immer so läuft. “Awa, des kasch it jeda Dag macha, schau gar it, wenn dr am näaschta Dag schaffa und Auto fahra muasch.” “Und wie läuft es unter der Woche?”, fragte ich. “Do gange meistens nau a Weile, vom 5e bis am 8e oder so und schaff au veil weniger Heiser.”

Zwölf Tage bzw. Abende war er im letzten Jahr unterwegs, dieses Jahr, meinte er, brauche er weniger, weil die Fasnet kürzer sei und noch ein Zunftball ansteht, wo eine Woche Haussammlung weg fällt.

Ich kann jedem 20er nur empfehlen, die Möglichkeit der Haussammlung so oft wie nur möglich wahrzunehmen. Ich war in meinem 20er-Jahr noch elf weitere Male sammeln, jedes Mal mit einem anderen Narrenrat. Es war immer interessant, immer lustig, es haben sich tolle Bekanntschaften ergeben, ich habe unfassbar viel über die Fasnet aber auch allgemeine Schömberger Themen und Verwandtschaftsverhältnisse gelernt und bin sehr dankbar, dass ich so oft mitgenommen wurde.

Auf der anderen Seite ist es aber auch echt viel Arbeit und Zeit, die die Narrenräte investieren, davor habe ich deutlich größeren Respekt als zuvor. Denn es geht um sehr viel mehr, als nur Geld einsammeln und “äbbs klees” zu trinken.

Vielen Dank an alle, bei denen wir zu Gast sein durften und natürlich den Narrenrat, der mich mitgenommen hat.

Ein ehemaliger 20er


Die Narrenzunft Schömberg bedankt sich recht herzlich bei dem 20er, der einen sehr umfangreichen Einblick in seine Erlebnisse bei der Haussammlung gegeben hat und den tollen, ausführlichen Text. Anmerkung: Die Bilder wurden nicht am selben Tag und im selben Jahr gemacht.